
Dr. Gabrielle Schlittler ![]() In den letzten zwei Jahren sind zahlreiche Bücher, Artikel und Websites erschienen, die sich im Kern mit der Agilisierung, Dezentralisierung und Demokratisierung der Unternehmensorganisation befassen. Die Publikationsflut ist ein Indiz dafür, dass nach fast drei Jahrzehnten der Effizienzsteigerung, des Reengineerings, der Standardisierung und der Shareholdervalue-Orientierung neue Modelle gesucht werden, die sich für die Bewältigung der unternehmerischen Herausforderungen im Zeitalter der Digitalisierung und des globalen Wettbewerbs besser eignen. Mitarbeitende wie Manager beklagen sich über zu einengende Vorgaben, zu geringe Handlungsspielräume, zu langsame Innovations-prozesse, zu hohen Druck, Demotivation, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften usw. Gefragt sind neue Konzepte zur Verbesserung der Reaktionsfähigkeit und Innovationskraft, zum intelligenteren Umgang mit Komplexität und zur Gestaltung einer Arbeitsumgebung, die Talente anzieht und von der grundlegenden Werthaltung her besser dem Zeitgeist einer fortschrittlichen, bunten und gleichberechtigten Gesellschaft entspricht. Folgende Auswahl von Beiträgen liefert einen unglaublich reichhaltigen Fundus an (z.T.) neuen Lösungsansätzen und Instrumenten für die entsprechende Ausrichtung der Führung und Organisation.
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![]() In einer Studie von Infront & Capital (2017) untersuchen Sindemann/von Buttlar die Erfolgsfaktoren und Zukunftsaussichten von Digital Innovation Units. Was bringen sie? Hierfür haben sie 44 Tiefeninterviews mit operativen Leitern von solchen Einheiten sowie mit CEOs, CDOs, Strategie- und Innovationsleitern geführt und diese mit Unit-Besuchen und Online-Umfragen ergänzt. Digital Innovation Units sind Einheiten, die von Unternehmen gegründet und betrieben werden, um ausserhalb der bestehenden Strukturen innovative digitale und digital angereicherte Geschäftsideen mit agilen und flexiblen Methoden zu entwickeln und zu fördern. Die Studie unterscheidet zwischen drei Typen von Digital Innovation Units:
Laut Oestereich/Schröder (2017, 132ff.) ist Führung zu wichtig, um sie nur Führungskräften zu überlassen. Deshalb haben sie ein Modell entwickelt, das die Führungsarbeit dynamisch und dezentral auf viele Kolleginnen und Kollegen verteilt und das die Führungsarbeit statt die Führungskräfte hervorhebt. Ihr Konzept integriert auch Ansätze der Holokratie und Soziokratie, aber nicht dogmatisch, sondern pragmatisch und entwicklungsoffen.
Damit ein Team und Kreise aller Art (Geschäftskreise an der Front, Führungskreise, Topkreise, zentrale Dienstleistungskreise, Koordinationskreise etc.) gut funktionieren, gibt es im Wesentlichen vier Grundrollen resp. Tätigkeiten, die erfüllt werden müssen und die in der Abfolge logisch verknüpft sind:
In einer Studie von Accenture (2016, S.7) wird kurz und bündig darauf hingewiesen, welche fünf Blockaden Unternehmen lösen müssen, um die Potentiale der Digitalisierung in den Kundenbeziehungen und Prozessen sowie neuen Geschäftsmodellen zu erschliessen.
![]() Der Digital-Business-Experte Arithnea wagt einen Blick in die Zukunft und nennt die Trends fürs 2016.
Arithnea (2015): Diese acht Trends prägen das digitale Business im Jahr 2016. Pressemitteilung vom 2. Dezember 2015. ![]() Das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen hat im Frühling 2015 einen Report über die digitale Transformation veröffentlicht. Dafür hat es ein „Digital Matury Model“ entwickelt und die digitale Reife von schweizerischen Unternehmen untersucht. Für ein besseres Verständnis, was ein digital reifes Unternehmen kennzeichnet und wie der Reifegrad gemessen wird, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf das verwendete Modell und die eingesetzten Indikatoren zu werfen. Dabei werden die Fähigkeiten zur digitalen Transformation in neun Dimensionen zusammengefasst und der Reifegrad in fünf Stufen gegliedert. Die entscheidenden digitalen Fähigkeiten sind (S. 16−33):
In einem Artikel zeigen Frisch/Greene (2016) auf, wie man Strategietagungen am besten angeht und organisiert, um entsprechend positive Ergebnisse und Erlebnisse zu erreichen, und dies auch bei einer hohen Anzahl von Teilnehmenden. Von den genannten Erfolgsfaktoren sind besonders folgende erwähnenswert:
Bezüglich der digitalen Transformation der Wirtschaft kursieren manche Glaubenssätze, die kritisch hinterfragt werden sollten. Dazu äussern sich mehrere Autoren und Autorinnen.
Kreimeier (2015) nennt und entkräftet fünf solche Mythen:
![]() Im August 2015 veröffentlichte Sven Ruoss, Dozent am Center for Digital Business der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich, einen guten Überblick über die aktuellen Konzepte und Studienergebnisse zum Thema digitale Transformation. Die Präsentation liefert auch einige spezifische Daten zur Situation in der Schweiz. Sven Ruoss (2015): Digitale Transformation. ![]() Ein paar Monate zuvor, im Mai 2015, veröffentlichte derselbe Dozent eine prägenate Präsentation über seine Learnings aus dem Silicon Valley. Sven Ruoss (2015): Digitale Transformation: Learnings aus dem Silicon Valley. Die Digitalisierung ist in aller Munde. Viele Anlässe und Konferenzen greifen das Thema auf, und Unternehmen fragen sich, was die digitale Transformation für sie bedeutet. Aktuell werden mit der Digitalisierung sehr unterschiedliche Vorstellungen verbunden. Während die einen darin nur eine neue Technologie sehen, eröffnet sie für andere neue Möglichkeiten der Interaktion mit den Kunden oder der Wertschöpfung in bestehenden und neuen Geschäftsfeldern. Zudem bestehen oft grosse Meinungsunterschiede darüber, wie das Thema angepackt oder weitergeführt werden soll (z.B. Grad der zentralen Steuerung, Finanzierung von Bottom-up-Initiativen). Daher ist es wichtig, dass wenn sich eine Geschäftsleitung mit der strategischen Weiterentwicklung der digitalen Ausrichtung befasst, sie sich zunächst mit den grundlegenden Potentialen der neuen Technologie auseinandersetzt und auf ein gemeinsames Verständnis einigt. Als Orientierung können folgende vier strategischen Stossrichtungen dienen, auf die Dörner/Edelmann (2015) in einem kurzen und prägnanten Artikel hinweisen (Struktur leicht angepasst):
Grundsätzlich sind die Faktoren, die zu einem positiven oder negativen Erlebnis von Arbeit führen, nicht neu. Interessant sind die neurobiologischen Erklärungen der Zusammenhänge und die Konsequenzen, die daraus abzuleiten sind, wenn man die Arbeitswelt menschengerecht und nach neurobiologischen Spielregeln gestalten möchte.
Fühlende Lebewesen wie der Mensch wollen sich wohl fühlen. Der menschliche Organismus sehnt sich von seiner Natur her nach guten Gefühlen. Diese entstehen, wenn unser Gehirn den Wohlfühlcocktail aus den Botenstoffen Dopamin, Oxytocin und Opioiden ausschüttet. Allerdings entstehen diese Botenstoffe nur dann, wenn wir bestimmte Erfahrungen machen und uns in einer bestimmten Art und Weise verhalten. Das Nervenzellsystem in unserem Gehirn, das diese Botenstoffe produziert, wird heute als das „Motivationssystem“ bezeichnet. Das Motivationssystem belohnt gegenseitiges Vertrauen, Wertschätzung, gute Zusammenarbeit, soziale Akzeptanz, Sympathie, Liebe, Kooperation und Gerechtigkeit mit einer sofortigen positiven Reaktion. Dies bewirkt bei den Betroffenen wiederum ein vertrauensvolles und kooperatives Verhalten und ist demnach „ansteckend“. Unser Gehirn ist laufend damit beschäftigt, die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen zu würdigen. Das Bedürfnis nach sozialer Akzeptanz und Integration ist neurobiologisch in uns verankert und ein menschliches Triebziel. Dafür ist der Mensch auch bereit, einiges zu tun. Dieser auf Zusammenhalt, Fairness und Kooperation ausgerichteten Architektur unseres Gehirns verdanken wir unser evolutionäres Überleben. Sozial gut vernetzte Menschen hatten in unserer Vorgeschichte deutlich bessere Überlebenschancen. Das ist auch heute noch so. Wenn wir also Bedingungen antreffen, die uns als Teil der Gemeinschaft erleben lassen, und wir uns auch entsprechend einbringen, fühlen wir uns glücklich. Fehlende Wertschätzung, entwürdigende Umgangsweisen, schlechtes Arbeitsklima, dauerhafter Zeitdruck, mangelnder kollegialer Zusammenhalt oder Mobbing sind Motivationskiller, machen uns bedrückt und krank. Gute Arbeit hingegen kann ein gutes Lebensgefühl erzeugen und die Gesundheit stärken. Folgende Arbeitsbedingungen triggern unser Motivationssystem und fördern gute Gefühle:
![]() Paddy Miller und Thomas Wedell-Wedellsborg (2013) zeigen Wege auf, wie das Hervorbringen von Innovationen in den Betriebsalltag integriert werden kann. Ihr Buch „Innovation as usual“ ist eine Antwort auf die Problematik, dass in der täglichen Routine Innovationen wenig oder gar keinen Raum bekommen, obwohl deren Wichtigkeit eingesehen wird und Mitarbeitende dazu fähig wären. Stattdessen werden Angestellte an Innovationsveranstaltungen aller Art geschickt, wie z. B. an Kreativ-Workshops, Brainstorming-Sessions, Innovations-Grossevents usw. Zurück am Arbeitsplatz können sie dann aber wenig umsetzen, weil das Arbeitsumfeld es nicht ermöglicht. Die Autoren zeigen, was Führungskräfte tun können, um Innovationen in ihren Bereichen zu fördern. Der Kern ihres Modells liegt im Rollenverständnis der Führungskräfte. Deren Aufgabe sei es, als „Innovationsarchitekten“ ein Arbeitsklima zu schaffen und Verhaltensweisen zu fördern, die innovationsgenerierend wirken. Auf Basis umfangreicher Forschungsarbeiten haben sie folgende „5+1 keystone behaviors of innovation“ identifiziert, die Führungskräfte unterstützen sollen:
![]() Schon 1994 hat das US National Transportation Safety Board herausgefunden, dass 73% der kommerziellen Flugunfälle sich an dem Tag ereignen, an dem die Crew zum ersten Mal gemeinsam fliegt. 44% geschahen sogar während des ersten Fluges. Und gemäss einer Studie der Nasa machen müde, aber miteinander vertraute Besatzungen weniger Fehler als ausgeruhte Crews, die aber noch nie miteinander gearbeitet haben. In Zeiten dauerhaften Wandels und stets wechselnder Teams kann es angebracht sein, sich den Wert eingespielter Teams in Erinnerung zu rufen. Die Einsichten sind nicht neu*, aber die Ergebnisse quantitativer Forschungsarbeiten eindrücklich. Huckmann/Staats (2014) haben versucht, die Vorteile erfahrener Arbeitsgruppen zu messen. In einer grossen Studie bei einem Softwareentwickler im indischen Bangalore haben sie 1004 Entwicklungsprojekte auf das Thema hin analysiert. Sie fanden heraus, dass, wenn die Vertrautheit um 50% stieg, die Anzahl von Fehlern um 19% und die Abweichungen vom Budget um 30% tiefer lagen. Je höher der Grad der Vertrautheit in einem Team war, desto besser gelang es, die verschiedenen Erfahrungen für Verbesserungen zu nutzen. Sonst gingen grössere Unterschiede generell mit einer niedrigeren Leistung einher. Eine weitere Untersuchung bei Wirtschafsprüfungs- und Beratungsgesellschaften ergab aufgrund von Kundeneinschätzungen eine 10% höhere Leistung von Teams, deren Mitglieder untereinander sehr vertraut waren Prozessorganisation und kontinuierliche Verbesserung als aktuell wichtigste Organisationsthemen27/2/2014 Der letzte Trendbarometer "Arbeitswelt“ (Dezember 2013) des Instituts für angewandte Wissenschaft (ifaa) weist daraufhin, dass für die 600 befragten Personen aus Wirtschaft (80%), Verbänden (10%) und Wissenschaft (2%) das Thema Prozessorganisation aktuell wieder die höchste Priorität bei der Organisationsarbeit hat. Diese Einschätzung ist unabhängig von der Unternehmensgrösse. An zweiter Stelle steht die kontinuierliche Verbesserung. Im Vorjahr (Dezember 2012) war die Arbeitszufriedenheit an erster Stelle. Diese ist neu auf Platz sieben.
http://www.arbeitswissenschaft.net/ifaa-Trendbarometer-Arbeitswel.720.0.html Strategie in schnelllebigen Zeiten: Aufbau eines Portfolios vorübergehender Wettbewerbsvorteile10/1/2014 Für Rita G. McGrath (2013) steckt das strategische Denken in der Sackgasse. Auch wenn die meisten Lehrbücher die Schaffung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile propagieren, sind solche in der Praxis eher selten anzutreffen. In der schnelllebigen und vernetzten Welt werden bessere Angebote in kurzer Zeit kopiert. Deshalb ist es wichtig, statt monatelang an einer ausgefeilten Strategie zu arbeiten, kontinuierlich neue strategische Initiativen zu lancieren und die Konkurrenzfähigkeit auf einem Portfolio vorübergehender Vorteile aufzubauen. Die grosse Herausforderung dabei ist, die Vielzahl von teils gegensätzlichen und überlappenden Aktivitäten zu managen. Wettbewerbsvorteile durchlaufen alle denselben Lebenszyklus und in jeder Phase braucht es unterschiedliche Fähigkeiten. Beim Aufbau einer vollen Pipeline temporärer Vorsprünge sind ein besseres Verständnis der frühen und späten Phasen und ein gut orchestrierter Innovationsprozess mit genauen Entscheidungswegen wichtig. Unternehmen müssen lernen, die Lebenszyklen zügig und schneller zu durchlaufen, inklusiv der harten Entscheidungen bei einem notwendigen Ausstieg.
McGrath (2013) sieht folgende Veränderungen in der Denk- und Arbeitsweise, um ein konkurrenzfähiges Portfolio temporärer Wettbewerbsvorteile aufzubauen:
Dr. Gabrielle Schlittler ![]() Das Change Management hat zur Aufgabe, im Rahmen der Prozessgestaltung und -führung dafür zu sorgen, dass zielerfüllende Lösungen entwickelt und diese engagiert und motiviert umgesetzt werden. Mit der zunehmenden Professionalisierung und Standardisierung der Methoden haben allerdings v.a. diejenigen Massnahmen an Boden gewonnen, welche bei den Mitarbeitenden zu einer besseren Akzeptanz der Veränderung führen. Über die Bedingungen, die notwendig sind, um wirksame Lösungen überhaupt erst hervorbringen zu können – nämlich die Sicherstellung der Fachlichkeit und Expertise –, wird weniger gesprochen. Man scheint eher davon auszugehen, diese Basis sei gewährleistet. Beobachtungen in der Praxis hinterlassen Zweifel an dieser Annahme. Deshalb erachte ich es als angemessen, diesen Aspekt auf Ebene der Erfolgsfaktoren des Change Managements zu verankern und ein Set von Indikatoren und konkreten Massnahmen zu definieren, die darüber Aufschluss geben, inwiefern die fachlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Veränderungsprozess erfüllt sind. Change Management hat sich in den letzten 10 etabliert. Es gilt als gute Praxis, bei Veränderungsprojekten Change Expertise beizuziehen und auf ein Set gut etablierter Methoden und Instrumente zurückzugreifen. Angesichts des fundamentalen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft stellt sich die Frage, wie sich die Disziplin selbst weiterentwickeln muss, um mit den Herausforderungen Schritt zu halten. Interessante Stossrichtungen finden sich in der Change Management Studie 2012 von Capgemini Consulting (S. 9-17 und 59-61).
Inhaltlich muss sich das Change Management auf die neuen Themen der Unternehmenswelt ausrichten. Hierzu gehören z.B. die Auseinandersetzung mit dem "Enterprise 2.0" (und den entsprechenden Business- und Organisationsmodellen), der "Zusammenarbeit 2.0" (und den jeweiligen digitalen Tools), der Führung, Steuerung und Einflussnahme im Umfeld abnehmender hierarchischer Macht und schwindender physischer Präsenz und der weiteren Fülle von Neuerungen, die sich aus den Megatrends und der Wirtschaftsdynamik ergeben. Methodisch muss es sich auf die neuen Ausgangsbedingungen einstellen und an die heutige Realität anknüpfen. Manche der klassischen Glaubenssätze des Change Managements treffen heute oft nicht mehr zu. So hat z.B. die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden und Führungskräfte in der Wirtschaftswelt zugenommen, Change hat an Bedrohlichkeit eingebüsst. Für die Generation Y gestaltet sich das Leben aus einer Aneinanderreihung von Projekten. In manchen Branchen heisst es in Zukunft „change as usual“ statt „business as usual“. Dort machen auch traditionelle Change-Phasen wie „Defreeze“ – „Move“ – „Refreeze“ keinen Sinn mehr. Wissen ist heute frei verfügbar. Jeder kann sich jederzeit selbst informieren und eine eigene Meinung bilden. Folglich haben top-down gesteuerte Kommunikationsmassnahmen an Wirkungskraft verloren und das Management an Deutungshoheit eingebüsst. Das Change Management ist also gefordert, sich selbst weiterzuentwickeln und sein methodisches Repertoire zu erweitern. In der Studie von Capgemini Consulting (2012, S. 9-17 und 59-61) werden u.a. folgende Stossrichtungen genannt: ![]() Der Lehrsatz „structure follows strategy“ gehört zum ABC jedes Managers. Organisationsstrukturen sollen derart gestaltet sein, dass sie die Umsetzung der Strategie unterstützen. Obwohl dieser Grundsatz sehr klar und einleuchtend ist, gibt es wenig konkrete Anleitungen, wie man diesen Übersetzungsprozess in der Praxis konkret anpackt. Einen wertvollen Hinweis liefert der Organisationsspezialist Dr. Andreas Wenger (2013) in einem seiner Blogbeiträge auf www.organisationsdesign.ch. Den zentralen Schritt sieht er in der Definition klarer Gestaltungsprinzipien. Diese bündeln die Anforderungen, denen die Organisation genügen muss, und leiten sich aus den Zielen, Strategien und Situationsbedingungen ab. Bei der Erarbeitung der Prinzipien ist es hilfreich, diese möglichst handlungsorientiert zu konkretisieren. Als Grundsätze gelten z.B. „Prozessführung aus einer Hand“ (sämtliche Aufgaben, die einem definierten Leistungsprozess dienen, werden unter einer Leitung zusammengefasst), „Fokus aufs Kerngeschäft“ (in der Geschäftsleitung bilden die Schlüsselfunktionen des Kerngeschäfts die Mehrheit), „Automatisierung der Leistungserbringung“ (Prozesse werden soweit möglich digitalisiert) und „Kundenorientierung“ (Kunden werden zielgruppenspezifisch bedient). Die Gestaltungsprinzipien sind von solch strategischer Bedeutung, dass sie von Entscheidungsträgern, i.d.R. auf Ebene der Geschäftsführung, erarbeitet und verabschiedet werden müssen. Mit Hilfe der definierten Prinzipien können dann verschiedene Modelle von Primärstrukturen resp. organisatorischen Grobkonzepten identifiziert, entwickelt und auf ihren Zielerfüllungsgrad hin bewertet werden. Wenn man also die Brücke von der Strategie zur Struktur schlagen will, muss man sich in einer ersten Phase mit der Strategietauglichkeit möglicher organisatorischer Lösungen befassen.
![]() Die Erfordernisse nach unternehmerischer Agilität haben weiter zugenommen, zugleich sind aufgrund zunehmender Komplexität auch die Herausforderungen des Alltagbetriebs gestiegen. Das Linienmanagement stösst mit der erhöhten Change-Kadenz und der gleichzeitigen Sicherstellung komplexer operativer Prozesse an die Grenzen der Belastbarkeit. Das birgt Risiken: Projekte kommen nicht wie gewünscht voran, neue Ideen finden zu wenig Aufmerksamkeit, die Leistungsqualität leidet usw. Als Lösung für solche Situationen schlägt Kotter (2012) den Einsatz eines „Dual Operating Systems“ vor. Nebst der Normalorganisation mit ihren hierarchischen Strukturen und Prozessen soll ein flexibel einsetzbares Strategie-Netzwerk aufgebaut werden. Dieses initiiert und treibt strategische Initiativen gemäss seinem – in seinen früheren Büchern schon mehrfach beschriebenem - Acht-Stufen-Modell (neu acht Akzeleratoren) voran. Die Vorteile eines solchen Strategie-Netzwerkes sieht er im schnellen Zugriff auf Ressourcen über alle Hierarchiestufen hinweg, in deren flexiblem Einsatz, in der Motivation und Veränderungsbereitschaft der Mitwirkenden sowie in einer breiteren Wirkung innovativer Führungskräfte. Kotter konkretisiert seinen Lösungsvorschlag nicht. Auch dass er den Einsatz der Mitwirkenden als freiwillig und weitgehend unbezahlt erwartet, wird nicht kritisch reflektiert. Dennoch macht es Sinn, den Grundgedanken aufzugreifen und über konkret umsetzbare und akzeptable Modelle nachzudenken. Die Einführung von betriebs- und hierarchieübergreifenden Entwicklungsnetzwerken als neue Organisationslogik birgt zweifellos das Potential eines neuen Paradigmas zur Lösung des unternehmerischen Dilemmas zwischen Stabilität und Agilität. Solche Lösungen versprechen mehrfachen Nutzen für den Betrieb, die Innovationskraft und die Angestellten. John P. Kotter (2012): Accelerate. Harvard Business Review, November. PDF, 13 Seiten Vianova GmbH engagiert sich zusammen mit ausgewiesenen Organisationsexperten in der Gestaltung, Konkretisierung und Verankerung von unternehmensübergreifenden Entwicklungsnetzwerken. Siehe Blog Entwicklungsarbeiten. |
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