Kreimeier (2015) nennt und entkräftet fünf solche Mythen:
- Die digitale Wirtschaft funktioniert anders. Auch in der neuen Welt geht es im Kern um das uralte betriebswirtschaftliche Prinzip, dass Unternehmen herausfinden müssen, was die Kunden wünschen, und sie deren Interessen für das Produkt wecken können. Gelingt das nicht, ist auch eine Dotcom-Firma nicht überlebensfähig. Die digitale Transformation bewirkt allerdings, dass alte etablierte Firmen diesbezüglich unter Druck kommen, was aber das Prinzip nicht in Frage stellt.
- Nur Digital Natives verstehen das Geschäft. Der Google-Chef ist Jahrgang 1955 und war schon Mitte 30, als das World Wide Web entstand. Steve Jobs wurde im selben Jahr geboren, und nur fünf Jahre jünger ist der aktuelle Apple-Chef. Die grossen Akteure sind keine Digital Natives.
- Digital heisst mehr Technik. Nicht die Technik, sondern was die Technik ermöglicht, ist entscheidend. Eine gute App, eine aktuelle Website und schnellere Rechner sind sicher gut, aber nicht hinreichend. Weil die Technologie alles transparenter und vergleichbarer macht und sich die Firmen nicht mehr auf die Informationsdefizite der Kunden stützen können, müssen sie sich umso mehr auf ihren Markenkern und ihre Stärken konzentrieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch das ist nichts anderes als ein uraltes betriebswirtschaftliches Prinzip.
- Google weiss, was zu tun ist. Über die Zukunft weiss Google nicht mehr als andere, aber Google probiert aus. Das Prinzip der Stunde heisst Trial and Error. Dafür hat Google einfach viel Geld.
- Das Internet ist anders als der Rest. Das Netz sind wir und keine „Gemeinde“, die neben unserer realen Welt nach eigenen Regeln funktioniert, von anderen „Wesen“ bevölkert wird und neben der analogen, altbackenen, langsamen Welt steht. Nichts integriert uns alle mehr als das Internet.
Ennemann (2015) erlebt in seiner Beratungspraxis oft, dass Führungskräfte von Vorurteilen zur digitalen Transformation eingenommen sind, und fasst seine Erfahrungen in folgenden sieben Mythen und Gegenpositionen zusammen.
- Bei der Digitalisierung geht es primär um das Kundenerleben. Dabei wird verkannt, dass es auch um die Effizienz und Produktivität des Unternehmens gehen kann.
- Digitale Transformation funktioniert am besten bottom-up. Die digitale Transformation führt zu weitreichenden Veränderungen, die in kurzer Zeit umgesetzt werden müssen. Das kann nicht mit einem reinen Bottom-up-Ansatz erreicht werden, sondern benötigt erfahrungsgemäss eine Top-down-Steuerung.
- Es reicht, wenn wir gute Einzelinitiativen starten. Eine zielgerichtete Führung des Gesamtprozesses ist wichtiger.
- Die IT kommt am Schluss. Viele Unternehmen müssen bei den entsprechenden Fähigkeiten und Systemen nachbessern, auch als Voraussetzung für die digitale Transformation. Die IT bildet einen wesentlichen Stellhebel, und zwar von Anfang an.
- Die digitale Transformation ist in jeder Branche anders. Bestimmte Vorgehensweisen und Entscheidungsmuster sind durchgängig anwendbar.
- Neue Möglichkeiten durch die Digitalisierung gibt es nur für bestimmte Unternehmen. Möglichkeiten gibt es grundsätzlich für alle, unabhängig von der Branche und von der Ausrichtung auf B2B oder B2C.
- So richtig weiss keiner, wie es funktioniert. Man kann sich an den Digital Leaders orientieren, und diese gibt es in der Zwischenzeit in jeder Branche.